Das Forum zum „Datenraum Kultur – Chancen für Kultur, Medien und Kreativwirtschaft“ in München, das am 25. April stattfand, brachte Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Medien zusammen, um den Status Quo des neuen Projektes festzuhalten und gleichzeitig dessen Potenzial auszuloten. „Datenraum Kultur“ ist eines von insgesamt 18 Leuchtturmprojekten der Digitalstrategie der Bundesregierung. Es soll ab 2025 die digitale Vernetzung von Kultureinrichtungen und den souveränen Austausch kulturbezogener Daten ermöglichen.
Dieter Spath, der Steuerkreisvorsitzende des Projekts, sieht unter anderem bei den Fragen der Rechtsgrundlage große Fortschritte. Doch Lücken in den Gesetzesgrundlagen und bei der Datensicherheit gilt es nach wie vor zu schließen. Auch in Bezug auf die Datenhoheit bedarf es weiterer Diskussionen.
Neben der Klärung rechtlicher Fragen erfordert die Umsetzung eine intensive Beschäftigung mit den bereits existierenden Daten. Und hier ist noch viel zu tun: Oft ist die Datenqualität unzureichend und die Technologie veraltet. Ein Beispiel verdeutlicht die Komplexität: In Deutschland gibt es über 1000 private und öffentlich getragene Theater, Orchester, Festivals und Gastspielhäuser. Entsprechend groß ist die Anzahl der Spielpläne, Dispositionsdaten und ortsspezifischen Informationen einzelner Spielstätten. Wie soll eine leistungsstarke Daten- und Softwareinfrastruktur für so vielgliedrige Projekte aussehen? Hier gibt es zahlreiche Vorlagen, wenngleich bisher keine davon einer breiten Masse bekannt ist oder greifbare, reale Angebote bereitstellt.
Als Impuls dient unter anderem das International Data Spaces Programm, das vor gut 10 Jahren ins Leben gerufen wurde, um eine Referenzarchitektur mit dazugehörigem Datenmodell und Vorlagen für Rollen und Verantwortlichkeiten zu erstellen. Mittlerweile gibt es eine breite Vielfalt an Datenräumen, insbesondere für Industrieschwerpunkte wie Mobilität oder Lieferketten in Deutschland. Für den Kulturbereich gibt es Vorlagen aus Frankreich von der EUROPEANA Organisation mit einem Fokus auf Datenaustausch und kreativen Organisationen. Neben der schrittweisen Schließung der rechtlichen Lücken sind die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre nicht zu unterschätzen, die die Umsetzung von Datenräumen erleichtern. Nötig wäre zudem eine klare Rollendefinition der Ökosystemteilnehmer mit den entsprechenden Rechten und Pflichten.
Nur wenn alle diese Grundlagen geschaffen sind, könnten echte Use Cases, also konkrete Anwendungsfälle zu einer greif- und nutzbaren Realität werden. Im Rahmen des Forums wurde eine Auswahl möglicher Anwendungsfälle vorgestellt, darunter vernetzte Kulturplattformen und smarte Museums-, Theater-, und Musikdienste. Dadurch könnten Besuchern beispielsweise zu speziellen Kartenangeboten zugleich praktische Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln empfohlen werden. Hier müsste allerdings genau definiert werden, in welchem Umfang, in welcher Qualität, mit welcher Frequenz und mit welchen Schnittstellen von den Kulturträgern Daten in das Ökosystem gegeben werden sollen. Veranstaltungskalender, Ticketservices, Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und Daten vieler weitere Teilnehmer werden benötigt. Dafür sollte eine Entschädigung aus dem Ökosystem für diese Leistung erfolgen. Je mehr Teilnehmer ein Netzwerk bilden, umso komplexer wird naturgemäß die Definition der Rechte und Pflichten.
Die Herausforderungen sind also beträchtlich. Darum ist es erfreulich, dass die Politik ein Leuchtturmprojekt für die Kultur initiiert, es mit ca. 2,6 Mio. € initial fördert und mit Acatech eine erfahrene Organisation für den Aufbau des Ökosystems engagiert hat. Im Bereich der Mobilität hat Acatech letztes Jahr bereits die Verantwortung übernommen.
Bei der professionell organisierten Veranstaltung in München waren der Optimismus und die Zuversicht der fachlich bestens qualifizierten Referenten mit Händen greifbar: Das Ökosystem der Daten im Kulturbereich soll endlich Wirklichkeit werden. Dafür müssen die Orchestratoren wie Acatech im weiteren Projektverlauf nicht nur ihren anfänglichen Enthusiasmus bewahren und die Ökosysteme kuratieren, sondern vor allem die Ziele der Beteiligten mit den Rechten und Pflichten jedes Einzelnen in Einklang bringen.
Vielleicht kann der Kulturbereich zeigen, dass ein auf Daten basiertes florierendes und aktives Ökosystem möglich ist. Gerade hier könnten die Rechte und Pflichten der Ökosystemteilnehmer leichter zu definieren sein als in wachstums- und gewinnorientierten Industrien.