Klassik am Odeonsplatz ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des sommerlich-kulturellen Lebens in München. Für die Qualität der beiden Open-Air-Konzerte, die jeweils 8000 Besucher anlocken, bürgen die beiden großen Orchester der Stadt: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und die Münchner Philharmoniker. Wenn das Wetter freundlich ist, so kann ein Abend auf dem südländisch anmutenden Odeonsplatz auch atmosphärisch ein wirkliches Ereignis sein. Oder aber ein Ärgernis. Dann nämlich, wenn man, wie der Rezensent, beispielsweise in Block C, Reihe 6, Platz 1 zu sitzen kommt.
Gleich zu Beginn, als der gewinnende Moderator das Podium betrat und die ersten wohlgelaunten Sätze sprach, war Böses zu ahnen: Denn was immer Geistreiches er auch vorgebracht haben mag, es war mehr zu erraten als zu verstehen - zumal die Geräusche der sich im flotten Gang befindlichen Gastronomie im nebenanliegenden Residenzgarten etwas von bajuwarischem Temperament verrieten. Die zornigen Pfiffe und bald auch die wütend skandierten Sprechchöre, die sich etwas weiter hinten auf den noch billigeren Plätzen alsbald erhoben und eine Regulierung der Lautstärke forderten, verhallten indes ohne Resultat. Und so tönte der erste Teil des erlesenen Konzertprogrammes unter der Leitung von Christian Thielemann, der drei Ballett-Musiken aus Giuseppi Verdis Opern „Macbeth“, „Don Carlo“ und „Otello“ dirigierte, über die bereitgestellten Lautsprecheranlagen derart stumpf und dumpf, derart Arm an Farben und Nuancen, dass eine auch nur einigermaßen differenzierte Beurteilung dieser Leistung gar nicht möglich ist. Es folgte eine lange Konzertpause, in welcher der grimme Entschluss im Busen reifte, den zweiten Teil (Verdis „Quattro pezzi sacri“) doch besser am heimischen Bildschirm zu verfolgen. Es empfiehlt sich, dem Beispiel des Rezensenten zu folgen und den gesparten Eintritt für eine gute Flasche italienischen Weins zu verausgaben. Dann steht einem vergnüglichen Abend wirklich fast gar nichts mehr im Wege.