Was die damalige Presse über Antonín Dvořáks „Legenden“ schrieb, dass nämlich „eine himmlische Natürlichkeit“ durch diese Musik flute, das gilt auch für das Konzert, das jetzt mit diesem selten gespielten Stück Musik von 1881 in München eröffnet wurde. Schon die Wahl des Programmes, das Iván Fischer beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigierte, war so stimmig wie unangestrengt: Auf Dvořáks „Legenden“ folgte Johannes Brahms‘ 1. Klavierkonzert, nach der Pause gab es nach dessen Ungarischem Tanz Nr. 11 wiederum ein Werk Dvořáks, nämlich seine Achte Symphonie.
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – Iván Fischer kennt und liebt es seit Jahrzehnten und bezeichnete es nun in einem Interview gar als das vielleicht beste Orchester Deutschlands – spielte an diesem Freitag so inspiriert und frisch, so animiert und wach, wie man es sich nur wünschen kann. Fischer beherrscht die große Kunst, klare Anweisungen mit großer Freiheit zu verbinden. Eher zurückhaltende Tempi wählte er für den Kopfsatz des Klavierkonzertes und ließ so dem vorzüglichen Kirill Gerstein am Flügel große Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten. Alle, Dirigent, Orchester und Solist, zogen hier an einem Strang, ergänzten und befeuerten sich wechselweise aufs schönste. Nur selten gelingt es Pianisten, den technisch enorm anspruchsvollen Klavierpart so luzide und in jedem Detail sprechend zu gestalten wie jetzt Gerstein. Farbenreich und lyrisch, aber zugleich präzise und kraftvoll war sein Spiel, das sich bald wunderbar mit dem warmen, atmenden Orchesterklang mischte, bald aus ihm solistisch hervortrat. Eine meisterhafte und dabei ganz unangestrengt wirkende Interpretation!
Dass Brahms bei aller Wertschätzung Dvořáks dessen G-Dur-Symphonie von 1889 doch nicht völlig goutieren konnte, ist so überraschend wie erhellend. Dem Meister der großen Form schien sie zu viel „Fragmentarisches, Nebensächliches“ zu enthalten. Alles sei zwar „fein, musikalisch fesselnd und schön“, aber die „Hauptsachen“ fehlten! Was Brahms monierte, erscheint uns heute vielleicht gerade das besonders Charmante dieser Symphonie zu sein: Das Rhapsodische, das Leichtgefügte, Unverkrampfte. Ungemein klangschön spielten Celli und Bläser die feierliche g-Moll-Melodie zu Beginn des Allegro con brio, herrlich gestaltete die Flöte nach dem Adagio im langsamen Satz den Vogellaut, brillant glückte die Trompetenfanfare zu Beginn des letzten Satzes. Ein animiertes, sinnerfülltes Musizieren war das. Großer Beifall!