Tschaikowskys „Pique Dame“ in Mailand
Tschaikowskys „Pique Dame“ in Mailand
Mailand, 8. März 2022, Eva Muzio

Der Zufall hat es gewollt, dass gerade zur Zeit des russischen Angriffs auf die Ukraine auf dem Spielplan des Mailänder Opernhauses La Scala die Oper in drei Akten Pique Dame von Tschaikowski steht. Sie wurde 1890 in nur drei Monaten in Florenz nach einem Text von Puschkin geschrieben.

Die öffentliche Meinung hat sofort gegen den geplanten Dirigenten der Oper, Valery Gergiev, protestiert, weil er ein bekennender Freund des russischen Präsidenten ist. Die Proteste haben dann den Mailänder Bürgermeister dazu veranlasst, von Gergiev eine Stellungnahme zu den Geschehnissen in der Ukraine zu verlangen, die aber ausblieb. Kurzfristig hat dann sein junger Assistent, Timur Zangiev aus Nord-Ossezien, der schon bei den Proben dabei war, die Leitung des Orchesters übernommen. Zangiev ist mit Wohlwollen von Sängern, Orchester und Publikum begrüsst worden und wird vom Intendanten des Theaters, Dominique Meyer, als vielversprechendes Talent betrachtet.

Die Sänger dieser Produktion stammen allesamt aus dem russischen Sprachraum und singen in ihrer Landessprache. Die Handlung ist in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts angesiedelt und zeigt (im zweiten Akt) den Glanz des kaiserlichen Hofes in Sankt Petersburg unter Katharina der Zweiten, die ihren Blick nach Westeuropa gerichtet hatte und Russland diesem Lebensstil anpassen wollte. Dieses Prinzip spiegelt sich auch in der Musik der Oper wider – durch Anspielungen auf barocke und klassische Themen, insbesondere auf Werke von Mozart. So ist zum Beispiel die zarte Balletteinlage ein Wiederbeleben der romantischen Gedankenwelt, die damals in Europa dominierte.

Hermann (Najmiddin Mavlyianov, Tenor) will Teil dieser Welt werden. Seine niedrige soziale Herkunft wird betont durch Anspielungen auf russische Folklore und die schwermütige Musik in Moll des einfachen Volkes. Er will das Geheimnis entdecken, das im Glücksspiel zu Gewinn und Reichtum und somit zum Aufstieg auf der sozialen Leiter führt. Leitmotiv der Oper sind deshalb die drei oft wiederkehrenden Wörter drei, sieben, Ass. Im letzten Akt erscheint aber anstelle des Asses die Karte Pique Dame, die den Verlust seines Reichtums bedeutet und Hermann zum Selbstmord verleitet. Die Oper klingt in leisem Ton aus, fast so, als gäbe es nichts mehr zu sagen.

Bemerkenswert sind Regie, Bühnenbild, Kostüme und Lichteffekte (Matthias Hartmann, Volker Hintermeier, Malte Lübben, Matthias Märker, Michael Küster und andere), alle mit mehrjähriger internationaler Erfahrung. Sie geben der Scala neue Impulse und führen das Haus näher heran an die Kriterien, die heute internationale Operproduktionen bestimmen. Die Farbe Schwarz dominiert, aber der Dampf, der ständig auf die Bühne im Stil Disko gepumpt wird und gegen Ende fast den ganzen Zuschauerraum einhüllt, wäre vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen.